Marga Wilden-Hüsgen
Die erste deutsche Mandolinenprofessorin
und was Baden-Württemberg bei ihr abgucken kann
Marga Wilden-Hüsgen
Marga Wilden-Hüsgen ist berühmt dafür, dass sie – während andere sich unterhalten, an einem Plektrum schleift. Dies zu erwähnen hat nicht nur humoristische Gründe. Vielmehr ist die Professorin für Mandoline eine “Klangpflegerin”. Sie ist immer auf der Suche nach dem optimalen Klang der Mandolinen. Sie sucht nach der idealen Bauweise und nach dem idealen Plektrum. Darum hat sie zum Beispiel eine ganze Sammlung von Vogelfedern, mit welchen sie die Töne aus ihren Barockmandolinen hervorzaubert.
Marga Wilden-Hüsgen mit Ihrer Federsammlung
Der Anfang
1979 schrieb der damalige Dekan der Musikhochschule Köln, Abteilung Wuppertal, Prof Ingo Schmitt, auf Initiative des dort wirkenden Gitarrenprofessors Dieter Kreidler eine Dozentenstelle für das neu zu schaffende Hauptfach Mandoline aus. Zu den Bewerbern gehörte auch Marga Wilden-Hüsgen. Sie legte dem Senat der Hochschule ein umfassendes Ausbildungskonzept zu einem künstlerisch-pädagogischen Hauptfachstudiengang Mandoline vor.
Professor Dieter Kreidler © Mandolinen Orchester Koslar
Das Konzept
Das Konzept zeichnete sich vor allem durch die konsequente Orientierung an der Originalliteratur für die Mandoline aus den Epochen Barock, Klassik, Romantik besonders der zeitgenössischen Musik aus. Große Namen wie Antonio Vivaldi, Domenico Scarlatti, Ludwig van Beethoven, Wolfgang Amadeus Mozart, Raffaele Calace, Arnold Schoenberg, Anton von Webern und Hans-Werner Henze waren in dieser Literaturliste vertreten und konnten die universitären Gremien ganz besonders von der Notwendigkeit und Würdigkeit einer Mandolinenstelle überzeugen.
Ebenso legte Marga Wilden-Hüsgen mit diesem Studienkonzept eine didaktisch folgerichtige Instrumentalmethodik vor, die fußend auf der Technik der Mandolinenschulen des 18. Jahrhunderts, weiterführte zu den virtuosen Techniken der romantischen Meister und schließlich in der Musik des 20. Jahrhunderts alle neuen und traditionellen Elemente vereinte. Die Hauptfachstudenten hatten neben den musiktheoretischen Fächern folgende mandolinenspezifische Fächer:
-Hauptfachunterricht Mandoline
-Kammermusik
-Instrumentaldidaktik/Methodik der Mandoline
-Lehrproben
-Geschichte der Mandoline,
-Die Mandoline im 18./ l 9./20. Jahrhundert, Schulwerke-Literatur
-Die Mandoline in der Oper, im Orchester und in der Kammermusik
Marga Wilden-Hüsgen mit einem besonders schönen Exemplar von Mandoline von Donatus Filano aus dem 18. Jh.
Der erste Jahrgang 1979/80
Das pädagogisch-künstlerische Konzept überzeugte und im WS 1979/80 trat Marga Wilden Hüsgen die Stelle als Hauptfachlehrerin für Mandoline an. Zu den Studenten der ersten Jahrgänge gehören Namen, die heute sehr bekannt sind, wie z.B. Detlef Tewes, Keith Harris, Yasuo Wada.
Durch die konsequente Arbeit und die nicht zu übersehende hohe instrumentale Qualität der Studenten wurde das zu Anfang von den „etablierten“ Studiengängen wie Violine, Klavier etwas belächelte Instrument Mandoline an der Musikhochschule schnell anerkannt.
Studenten aus aller Welt
Der gute Ruf der Arbeit Marga Wilden-Hüsgens ging auch über die Grenzen Deutschlands und Europas in alle Welt hinaus. Aus vielen Ländern meldeten sich interessierte Studenten.
Originalliteratur für Mandoline und Lehrwerke
Neben der Forschung und Lehre war und ist es Marga Wilden-Hüsgen ein stetes Anliegen, Alte und Neue Originalmusik für Mandoline zugänglich zu machen.
Internationale Kontakte
Mit dem japanischen Mandolinisten und Komponisten Yasuo Kuwahara (1946-2003) verband sie eine besondere Freundschaft, die in den 80er Jahren begann, als dieser bei ihr im Rahmen eines Europaaufenthaltes Unterrichtsstunden – mit eigenem Dolmetscher – nahm.
Yasuo Kuwahara und Marga Wilden-Hüsgen 2002 in Schweinfurt © Marlo Strauß
Die Wiederentdeckung der Barockmandoline
In Zusammenarbeit mit dem Mandolinenbauer Reinhold Seiffert engagierte sich Marga Wilden-Hüsgen seit Anfang der 80er Jahre für die Wiederbelebung des Spiels auf der Barockmandoline. Das kleine Instrument, eine Sopranlaute, mit sechschöriger Bespannung und mit dem Kiel einer Feder gespielt, war seit ca. 300 Jahren in Vergessenheit geraten.
Nach gründlichen Studien historischer Instrumente in Museen und Sammlungen in ganz Europa entwickelte Seiffert eine sechschörige Barockmandoline. Das neue Instrument wurde auf dem Bundesmusikfest des BDZ 1985 in Schweinfurt mit großem Erfolg der Öffentlichkeit vorgestellt. Seit 1984 ist das Spiel der Barockmandoline fester Bestandteil der Ausbildung der Mandolinenstudenten. Die Barockmandoline gehört mittlerweile ebenso wie die Neapolitanische Mandoline in das Programm der meisten Mandolinenbauer.
Marga Wilden-Hüsgen 1984 mit Seiffert-Barockmandoline © Marlo Strauß
Edle Barockmandolinen von Alfred Woll © Alfred Woll
© Alfred Woll
© Alfred Woll
© Alfred Woll
Der Lehrstuhl Mandoline
Durch das stete Engagement der Hochschulabteilung in Wuppertal, des Bundes Deutscher Zupfmusiker, des BDZ-Landesverbandes NRW und vor allem seines damaligen Präsidenten Wilfried Wüst, wurde 1992 von Landesregierung und Hochschulsenat die Möglichkeit geschaffen, einen hauptamtlichen Lehrstuhl – eine Professur – für das Fach Mandoline einzurichten.
Marga Wilden-Hüsgen bewarb sich in dem vorgeschriebenen Ausschreibungsverfahren an der Musikhochschule in Wuppertal mit Bewerbung, Konzertvortrag, Lehrprobe und Kolloquium. Sie kam im Auswahlverfahren der Prüfungskommission auf Platz 1 und setzte sich so gegen zwei Mitbewerber durch. Zu Beginn des Wintersemesters 1992 erhielt sie die die Ernennungsurkunde zur Professur bei einer Feierstunde in der Kölner Musikhochschule vom damaligen Dekan Professor Müller-Heuser überreicht.
Die Mandoline an den Musikschulen
Das Fach Mandoline hat sich durch die Arbeit der ehemaligen Studenten von Marga Wilden Hüsgen an den Musikschulen in Deutschland sehr verbreitet und etabliert.
Durch die Professionalisierung der Mandoline wirken mittlerweile einige Generationen von Instrumentalpädagogen und Dirigenten durch ihre Arbeit bis in die Laienmusikszene der Zupforchester hinein. Diese im Ausbildungskonzept schon immer eingeplante Vernetzung mit der Laienmusikszene trug starke Impulse in Bezug auf den instrumentalen Ausbildungsstand und die musikalische Bandbreite und Stilsicherheit bei.
Die große Zahl der „Jugend musiziert“ Teilnehmer in Regional, -Landes- und Bundeswettbewerb unterstreicht ebenfalls dieses erfolgreiche Engagement.
1993 entstand unter der Federführung von Herrn Professor Vetter vom Verband deutscher Musikschulen (VdM) und der Mitarbeit von Profesorin Marga Wilden-Hüsgen und Joachim Trekel, Hamburg eine Neufassung des VdM-Lehrplans Mandoline. Inhalt ist neben der Darstellung der aktuellen Entwicklungen der Instrumentalpädagogik der Überblick über die Geschichte der Mandoline. Des Weiteren wird die instrumentaltechnische und musikalische Entwicklung anhand eines Stufenplans für die Musikschularbeit dargestellt und im Anhang befindet sich eine Liste der Originalmusiken für Mandoline Solo, Duo, Mandoline und Gitarre, Mandoline und Klavier, Mandoline im Trio und Quartett.
Weiterführende Texte:
Marga Wilden-Hüsgen: Mandolinenorchester gestern – Zupforchester heute.
Die Entwicklung des instrumentalen Zusammenspiels von Mandoline und Gitarre in der Laienmusik (Manuskript)
Marga Wilden-Hüsgen: 25 Jahre an der Musikhochschule Wuppertal. Concertino 2/2005
Absolventen der Mandolinenklasse Wuppertal
Neben vielen Ehemaligen, die als Pädagogen sehr erfolgreich an Musikschulen, in den Vereinsorchestern und bei Fortbildungsmaßnahmen wirken, gibt es eine beträchtliche Anzahl der Absolventen, die eine sehr erfolgreiche internationale Konzertkarriere machen. Einige wirken zudem auch als Hochschullehrer und haben hier ein eigenes künstlerisch-pädagogisches Profil entwickelt.
SchülerInnen von Marga Wilden-Hüsgen v.l.n.r.Katsia Pracopchyk– Marga – Elena Kisseljow- Caterina Lichtenberg – Natalia Korsak – Takashi Ochi – Jan Skryhan – Nikolai Maretzky © Marlo Strauß
Hier sind vor allem zu nennen:
–Daniel Ahlert musiziert solo und im Duo mit Nicola Stock
–Silke Lisko lebt in Luzern und lehrt an den Musikschulen Horw und Stans (CH)
–Juan Carlos Munoz ist Professor am Konservatorium in Esch Alzette, Luxemburg und Leiter des Baroque Ensemble ARTE MANDOLINE, welches er zusammen mit seiner Frau Mari Fe Pavón gegründet hat.
– Mari Fe Pavón ist Solistin bei dem Baroque Ensemble ARTE MANDOLINE, welches sie zusammen mit Juan Carlos Munoz gegründet hat.
– Katsia Prakopchyk ist Dozentin für das Fach Mandoline in der Kalaidos Fachhochschule in Zürich und an der „Anton-Rubinstein Internationale Musikakademie Düsseldorf / Berlin“, sowie an der Musikschule / Musikakademie Basel und Horgen.
–Steffen Trekel ist Hauptfachdozent am Konservatorium in Hamburg
–Gertrud Weyhofen unterrichtet an der Musikakademie Kassel
Und nicht zuletzt
–Caterina Lichtenberg. Sie ist Nachfolgerin von Marga Wilden-Hüsgen auf der Professur für Mandoline an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal.
Dort kann auch die aktuelle Studienordnung eingesehen werden:
https://www.hfmt-koeln.de/studiengaenge/master-of-music/master-of-music-mandoline.html
Professorin Caterina Lichtenberg Foto T.Fitzner
Orchesterarbeit
Marga Wilden-Hüsgen hat im Laufe ihres Lebens verschiedene Orchester gegründet. Mit dem Ensemble CAPELLA AQUISGRANA, einer Gruppierung für Alte Music, stößt sie auf besonders viel Begeisterung!
Capella Aquisgrana © Bernd Schröder
© Marlo Strauß
© T.Fitzner