Teil 1 Berufsfachschule “Vogtländischer Musikinstrumentenbau” Klingenthal
Teil 2 Studiengang Musikinstrumentenbau in Markneukirchen
Teil 3 Staatliche Musikinstrumentenbauschule Mittenwald
Teil 3 MUSIKINSTRUMENTENBAUSCHULE MITTENWALD
Dr.Frederik Habel © Dr.Frederik Habel
- Zwei Sätze des Schulleiters Dr. Frederik Habel sind mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben:
„Wir haben wunderbare Schüler!“
und
„Disziplinprobleme haben wir nicht – unsere Schüler sind so unglaublich motiviert.“
Beide Aussagen drücken viel Wärme und Anerkennung aus. Wer möchte unter diesen Bedingungen nicht gerne an einer Schule die Basis für sein berufliches Leben legen?
Wir haben es bei der Musikinstrumentenbauschule Mittenwald genau genommen mit zwei Schulen zu tun: Einer Berufsschule mit einer Regelausbildungsdauer von drei Jahren, davon 32 Wochen schulische Ausbildung in Blockform (2 Blöcke pro Ausbildungsjahr), die restliche Zeit im Lehrbetrieb. Der Abschluss ist der Gesellenbrief.
Und einer Berufsfachschule mit einer Regelausbildungsdauer von drei Jahren in Vollzeit. Hier wird vorausgesetzt, dass man ein Instrument spielt. Die Ausbildung an der Berufsfachschule schließt mit der Abschlussprüfung der Berufsfachschule und zugleich mit der Gesellenprüfung der Handwerkskammer ab.
Ob man sich an der Berufsfachschule bewirbt oder eine Lehrstelle in einem Ausbildungsbetrieb sucht und ergänzend dazu die Berufsschule besucht, hängt am Ende von der persönlichen Überzeugung ab, welches der beiden Systeme besser den eigenen Vorstellungen entspricht. Eines trifft für beide Ausbildungsvarianten zu: Es ist ebenso schwierig, eine gute Lehrstelle in einem renommierten Betrieb zu bekommen, wie einen der wenigen Ausbildungsplätze an der Mittenwalder Vollzeitschule.
Lehrlingen und Berufsfachschulabsolventen aller Fachbereiche steht mit ihrem Gesellenbrief offen, die Ausbildung und Prüfung zum Handwerksmeister anzuschließen. Geigenbauer oder Zupfinstrumentenmacher können sich außerdem zum Studiengang Musikinstrumentenbau in Markneukirchen einschreiben und sich in einem vierjährigen Fachhochschulstudium zum Bachelor oder Master-Musikinstrumentenbauer qualifizieren und auch eine Promotion anschließen; diese Option ist für die Blasinstrumentenbauberufe zurzeit erst noch in Planung.
Dr. Frederik Habel ist an allen Schaltstellen der Musikpolitik aktiv. Drei Beispiele seien genannt:
- Wiedereinführung der Meisterpflicht für Musikinstrumentenbauberufe, die als immaterielles Kulturerbe zählen
- Neuordnung des Bayerischen Landeslehrplans für den Ausbildungsberuf Zupfinstrumentenbau an der Berufsfachschule
- Mitarbeit im Ausschuss zur Umsetzung der Lehrplanrichtlinien für Geigenbauer, Bogenmacher, Zupfinstrumentenmacher durch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (ISB)
Mindestens zweimal pro Schuljahr hält er Vorträge, welche die Lebensgestaltung von Schülerinnen und Schülern betreffen. Die einzelnen Themen der Vorträge beleuchten jeweils einen Schwerpunkt seiner philosophischen Leitlinie mit dem Lebensziel „Erfolgreich Mensch sein“. Aus der riesigen Liste seien folgende genannt:
- Einflussfaktor „Work“ auf die Life-Balance
- Die Bedeutung von Zielen auf dem Weg zu einem erfüllten Leben
- Geld verdirbt die Augen
- Musik – Lebenselixier für die menschliche Wesensorganisation
Dr.Frederik Habel © Dr.Frederik Habel
© Dr.Frederik Habel
Der Direktor
Nach dem Besuch eines musischen Gymnasiums und dem handwerklichen Zug der Freien Waldorfschule im Landkreis Göppingen absolvierte er die Ausbildung zum Geigenbauer an der Staatlichen Berufsfach- und Fachschule für Geigenbau und Zupfinstrumentenmacher in Mittenwald.
Daran schloss sich ein vierjähriges Studium am Studiengang Musikinstrumentenbau der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Zwickau an. Aus der Beteiligung an spezifischen Forschungsprojekten gingen bereits während des Studiums zahlreiche Publikationen hervor. Seine Diplomarbeit widmete er dem Thema „Streichinstrumente in der anthroposophisch orientieren Verhaltens- und Bewegungstherapie“ und schloss das Studium als Diplom- Musikinstrumentenbauer ab.
Es folgte der Meisterbrief der Handwerkskammer Chemnitz im Geigenbauer-Handwerk. Anschließend arbeitete er als Manager und Mitglied des erweiterten Geschäftsleitungskreises bei der GewaMusic GmbH, einem der bedeutendsten europäischen Unternehmen der Musikinstrumentenbranche.
Die Forschungen auf dem Gebiet derselben Thematik, die bereits Gegenstand seines Studienabschlusses war, wurden von ihm auch in der Folgezeit fortgeführt. Neben zahlreichen Veröffentlichungen zu aktuellen Themen und neuen Erkenntnissen auf diesem Spezialgebiet erschien auch eine überarbeitete und erweiterte Fassung seiner Diplomarbeit als Fachbuch.
Später folgte die Ausbildung zum Sachverständigen in Dortmund. Im Anschluss daran trat er an der Philosophischen Fakultät der Comenius-Universität Bratislava ein Promotionsverfahren an. Das Thema der Dissertation lautete: „Anwendung anthroposophisch orientierter musikpädagogischer Therapieformen unter besonderer Berücksichtigung von Streichinstrumenten, deren Konstruktionsmerkmale auf geisteswissenschaftlichen Grundlagen der Anthroposophie basieren“.
Seit August 2006 leitet er die Musikinstrumentenbauschule in Mittenwald und ist darüber hinaus seit 2008 als Gastdozent am Studiengang Musikinstrumentenbau in Markneukirchen tätig.
Außerdem beschäftigt er sich zurzeit gemeinsam mit Beauftragten des deutschen Bildungsministeriums in Bonn, dem Zentralverband des Deutschen Handwerks sowie mit Vertretern des Kultusministeriums mit der langfristigen Neuordnung bildungspolitischer Zielsetzungen für das Musikinstrumentenbauhandwerk.
WER BEGEGNET UNS IN DER SCHULE?
… zum Beispiel Till. Er spielt Harfe und wollte eigentlich Harfenbauer werden. Da er jedoch keine Lehrstelle finden konnte, schrieb er sich als Zupfinstrumentenbauer ein und will dafür seinen Abschluss machen. Und danach weiter sehen… (vielleicht Mandolinenbauer😊).
Till
Es ist immer neu faszinierend, dass es bei dem Beruf des Musikinstrumentenbauers /der Musikinstrumentenbauerin kaum einmal 08-15 Lebensläufe gibt. Die meisten Bewerber haben das Abitur oder vergleichbare, oder teilweise sogar auch noch höhere Bildungsabschlüsse vorzuweisen. Es ist erfreulich, dass so viele Interessenten, die im Besitz einer Studienzugangsberechtigung sind, den Weg ins Musikinstrumentenbauhandwerk wählen!
Till hat für uns einige Tage lang eine Aufzeichnung seiner täglichen Arbeit gemacht, so dass wir einen Einblick in die Ausbildungsroutine erhalten:
Gedanken zur Ausbildung als Zupfinstrumentenbauer Oktavgitarre:
10.01: Bünde abrichten (Schleifklotz, dann mit Bundfeile)
-interessante Arbeit, da aber jeder Bund einzeln abgerichtet werden muss, auf Dauer etwas langweilig
11.01: Seiten der Bünde abrichten (kleine Feile)
-sehr feine Arbeit, musste aufpassen, nicht ins Griffbrett zu feilen
-Bundieren (Bünde ins Griffbrett schlagen) hat Spaß gemacht; Bünde abrichten eher weniger, da
etwas langweilig und sehr geduldsfordernd
12.01: Halsprofil ausarbeiten
-coole Arbeit, Gitarre sieht gleich viel besser aus
-nach dem Bünde abrichten war es schön wieder am Holz zu arbeiten
13.01: Kragen ausarbeiten (Übergang Kopf zu Hals)
-hat Spaß gemacht, da kreative Arbeit, konnte mir ein eigenes Kragendesgin überlegen
14.01: letzte Schritte an der Oktavgitarre vor dem polieren (Endschliff, Rändeln)
-sehr toll die Oktavgitarre endlich fertig zu haben (bis aufs polieren) Konzertgitarre:
17.01: Fugen für 2 Klassikgitarren
(2 Decken aus Fichte, 1 Boden aus Palisander, 1 Boden aus Kirsche
-war deutlich schneller als bei der Oktavgitarre, habe den Fortschritt deutlich gemerkt
18.01: Schalloch berechnen (Theorie)
-war sehr spannend herauszufinden, wie sowas funktioniert
19.01: musste noch den Steg und den Sattel für die Oktavgitarre herstellen
-ging relativ schnell, hat Spaß gemacht
20.01: Böden auf Stärke ausarbeiten
-ging wieder deutlich schneller als beim 1. Mal
-gutes Gefühl, zu merken wie man sich steigert
21.01: Mittelpunkt für Schallloch/Rosetten auf Decken ermitteln / Rosettengraben fräsen
-bei der Oktavgitarre musste ich den Rosettengraben noch per Hand ausheben,dieses Mal mit einer Oberfräse
-sehr toll, dass man neue und schnellere Methoden dazu lernt, aber dass man auch beim ersten
Mal alles per Hand machen muss, damit man den Umgang mit dem Werkzeug erlernt
Danke Till !
Viele engagierte junge Leute begegnen uns im Haus. Alle – wie schon der Schulleiter betonte – hoch engagiert.
Berufsfachschülerin Jolanda
Berufsfachschülerin Janika
Berufsfachschüler Luis
Berufsfachschüler Felix
Wichtige Bezugspersonen für die Auszubildenden sind die AusbildungsmeisterInnen, wie Fachlehrer Thassilo Meyer.
Nur am Rande sei erwähnt, dass man auch als Schüler später Ausbilder oder Lehrer werden kann…
Meister Thassilo Meyer im Gespräch mit Schülerin Frauke
Im Hinblick auf den Bund Deutscher Zupfmusiker BDZ legt uns Meister Thassilo Meyer die dringende Mahnung ans Herz: „Die Verbände müssen sich stark machen für die Mandoline. Momentan wird niemand als Mandolinenbauer/Mandolinenbauerin ausgebildet. Der Beruf stirbt aus, wenn Ihr Euch nicht dafür einsetzt!“
WAS BEGENET UNS IN DER SCHULE?
Das CD-Projekt
Die Schülerinnen und Schüler suchten in Archiven nach Noten, die noch nicht veröffentlicht waren, also nur in Handschriftenform vorlagen. Diese brachten sie im PC in eine druckfähige Form.
Nebenher – oder eigentlich schwerpunktmäßig – bauten sie die dazu notwendigen Instrumente. Dann übten sie die Musikstücke ein, führten sie im Rahmen eines öffentlichen Konzerts auf, durften danach in der Mittenwalder Kirche ihr Werk aufnehmen und bekamen es am Ende als CD gepresst in die Hand.
Da es klug ist, wenn ein Instrumentenbauer/eine Instrumentenbauerin weiß, wovon sie spricht (nämlich über das Instruemnt, welches sie baut), müssen die Schülerinnen und Schüler mindestens ein Instrument recht meisterhaft spielen können. Durch das Zusammenspielt entsteht auch eine intensive Gemeinschaft. Dafür gibt es einen eigenen Konzertsaal:
Interessant ist die Sammlung alter Instrumente, um zu sehen, wie die alten Meister ihre Werke ausgeführt haben. Außerdem kann man die in der Schule hergestellten Arbeiten betrachten.
Die Schule vermittelt praktische Fertigkeiten wie auch umfassende theoretische Kenntnisse auf den Gebieten des modernen und historischen Zupfinstrumentenbaus, der Reparatur und Restauration. Die Auszubildenden werden befähigt, auf hohem handwerklichem Niveau zu arbeiten und beherrschen zum Ausbildungsende Konzeption und Neubau hochwertiger Zupfinstrumente.
Zur Ausbildung gehören Zupfinstrumentenneubau, Lackiertechniken, Spielfertigmachen, Klangeinstellung, Reparaturmethoden. Unterweisung im Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen. Fachtheorie, Fachzeichnen, Fachrechnen, Physik/Akustik, Fachenglisch, Fachzeichnen mit CAD, Kunsterziehung, Kunstgeschichte, Musiktheorie, Musikgeschichte, Deutsch, Sozialkunde. Einzel- Instrumentalunterricht, Ensemblespiel, Orchester.
Berufliche Perspektiven
Die traditionellen Methoden der Handwerkskunst lassen sich heute weitgehend mit modernen physikalischen Methoden nachvollziehen. Eine der Kernfragen ist dabei, wie der Klang eines Instruments mit dessen baulichen Eigenschaften zusammenhängt. Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse der Akustik über die Funktionsweise der Instrumente, die Mechanismen der Klangerzeugung sowie die psychoakustischen Gesetzmäßigkeiten der Wahrnehmung durch den Hörer gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen dem Musikinstrumentenbauer ein tieferes Verständnis der komplizierten Beziehungen zwischen Materialeinsatz, Bauweise und Klang.
Messpunkte werden auf eine Violine projiziert, um akustische Messungen durchzuführen.
Akustiker Richard Stelz beim Vermessen einer klassischen Konzertgitarre
WAS BEGEGNET UNS AUSSERHALB DER SCHULE ?
Eine beeindruckende Gebirgslandschaft direkt vor der Haustür!
Der Ausbildungsort Mittenwald ist eine kleine idyllisch gelegene Marktgemeinde im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen, etwa 100 Kilometer südlich von München, direkt an der Landesgrenze zu Österreich. Mittenwald ist ein geschichtsträchtiger Musikinstrumentenbau- und Luftkurort; er fasziniert durch seinen sehr schönen historischen Ortskern und das beeindruckende Bergpanorama. Durch die Nähe zu Garmisch-Partenkirchen und zur Universitätsstadt Innsbruck steht ein umfangreiches kulturelles Angebot zur Verfügung. Beide Städte sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Das Schulverwaltungshaus mit der umfangreichen Fachbibliothek
Die Unterrichtsgebäude mit den Lehrwerkstätten
Youtube https://www.youtube.com/watch?v=6M8WCdkWzkk&t=17s
Website www.instrumentenbauschule.eu/de/berufsbild/zupfinstrumentenbau/
www.instrumentenbauschule.eu/de/schule/impressionen/
Schulleiter Dr. Frederik Habel www.frederik-habel.de/de/